„Sonny Steele ist ein abgehalfterter ehemaliger Rodeo-Champion. Er ist tief gesunken und hat sich als Reklamecowboy an einen Lebensmittelkonzern verkauft. Er ist nur noch ein billiger Abklatsch seiner selbst. Zum Konflikt kommt es, als der Konzern das berühmte Rennpferd ‚Rising Star’ zum Firmensymbol macht. Um den Hengst ruhig zu stellen und für die Show-Auftritte gefügig zu machen, wird er mit Medikamenten vollgepumpt.

Als der elektrische Reiter von diesen Misshandlungen erfährt, stiehlt er das 12-Millionen-Dollar-Pferd, um es in der Wildnis in die Freiheit zu entlassen. Untermalt von romantischen Country-and-Western-Balladen wird von einem Leben in unberührter Natur und von einem Amerika frei von Kommerz geträumt. Das Leitmotiv ist die Sehnsucht nach Freiheit. Zwar nicht mehr für sich selbst, dafür aber stellvertretend für das Rennpferd, versucht Sonny, gegen alle Widerstände die Freiheit zu erkämpfen.“

Dieses Theaterstück holte Klaus-Gregor Eichhorn als Mikroprojekt der ersten Runde ins Alte Straßenbahndepot Kappel. Eine Hamburger Theater-Company mit starken Chemnitz-Sympathien spielte an diesem besonderen Ort ein packendes Stück an der Grenze zwischen Pop und Philosophie. Nach dem Bankräuber-Drama „Hundstage“ in der alten Sparkasse an der Augustusburger Straße im Winter 2013 galoppierte „Der elektrische Reiter“ am 13. April 2018 durch das alte Straßenbahndepot (inzwischen Teil des Straßenbahnmuseums) in Chemnitz-Kappel.

Und wie perfekt passte die Geschichte zu einem Ort, an dem es zunächst 1880 die erste Pferdebahn in Chemnitz gab, die dann wenige Jahre später „elektrifiziert“, also quasi zum „elektrischen Reiter“ wurde? Und heute ist er ein Museum, eine Kulisse aus Schmalspurbahn, sozialistischen Aufbauparolen und einem kleinen Bahnhof, der mit seiner Mini-Turmuhr ganz schön an einen Western erinnert.

Es war ein besonderer, tiefsinniger, schräger und unterhaltsamer Theaterabend (inklusive eines über Freiheit philosophierenden Pferdes) an einem Ort abseits der gewohnten Bühnen, aber mitten in dem Chemnitz, das vielleicht den Titel „Kulturhauptstadt“ verdient hat.

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