Am 30. September haben wir unsere Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 in Berlin bei der Kulturstiftung der Länder abgegeben.

Zuvor hatten wir einen kleinen Countdown gestartet:

25 gute Gründe!

Warum Chemnitz das Zeug dazu hat, Kulturhauptstadt Europas zu werden.

  1. Wir haben das höchste Kunstwerk der Welt

Schornsteine bestimmten das Stadtbild, als Chemnitz zur führenden Industriestadt Deutschlands wurde. Heute ist unsere 302 Meter hohe Esse dank 168 LEDs das höchste Kunstwerk der Welt, gestaltet nach Entwürfen des französischen Künstlers Daniel Buren. (Foto: eins/Zschage)

  1. Wir kommen aus Karl-Marx-Stadt

Es gibt Niemanden auf der Welt, der zwischen 30 und 65 Jahren alt und in Chemnitz geboren ist. Das ist die große Besonderheit einer städtischen Geschichte, die viel mit den Auf- und Umbrüchen in Europa zu tun hat. (Foto: Stefan Weber)

  1. Wir haben die internationalste Uni Sachsens

Mit rund 3.000 internationalen Studierenden, was einem Anteil von mehr als 25 Prozent entspricht, ist die TU Chemnitz die internationalste Universität in Sachsen und bundesweit mit an vorderster Stelle. So studieren, forschen und lehren an der TU Chemnitz Menschen aus mehr als 90 Nationen.

  1. Wir zeigen Haltung

Schneller als Chemnitz hat noch nie eine Stadt ein Konzert mit 65.000 Besuchern mitten im Zentrum organisiert. #wirsindmehr im September 2018 war der Moment, an dem wir wussten: Kulturhauptstadt Europas – das ist genau unser Ding. (Foto: Ernesto Uhlmann)

  1. Wir haben das Chemnitzer Modell

Mit der Straßenbahn quer durch die Region – nach Mittweida, nach Hainichen, nach Aue, nach Oelsnitz, nach Limbach-Oberfrohna, nach Burgstädt, nach Annaberg-Buchholz, nach Olbernhau… Was der ÖPNV in den kommenden Jahren erfahrbar macht, werden wir als Kulturregion erlebbar machen. Manchmal liegt das Gute eben sehr nah.

  1. Uns fällt immer was ein

Nicht umsonst stammt der Text des deutschen Patentgesetzes vom Chemnitzer Oberbürgermeister Dr. Wilhelm André. Chemnitz war im 19. Jahrhundert zur beachteten Industriestadt aufgestiegen, auch dank zahlreicher Erfindungen, die es vor Nachahmung zu schützen galt. So soll die Zahl der Patentanmeldungen aus Chemnitz 1891 den Reichsdurchschnitt sechsmal übertroffen haben. Sowas wirkt nach: Erfinden können wir bis heute – mit Erfolg.

  1. Wir können barrierefreies Festival

„Barrierefreies Festival“ ist ein Projekt des KulTh e.V. aus Chemnitz. Der Verein klärt vorab, wie die speziellen Bedürfnisse z.B. von Rollstuhlfahrern, Menschen mit Down-Syndrom, blinden Menschen, Autisten oder Menschen mit schweren Mehrfachbehinderungen auf dem Festival erfüllt werden können. Ein Team ehrenamtlicher Helfer ist während der Veranstaltungen rund um die Uhr vor Ort und kann bei Fragen und Problemen direkt Unterstützung gewährleisten. Beim Kosmonaut Festival gibt es z.B. ein barrierefreies Camp, Stromanschlüsse zum Laden von Elektro-Rollstühlen oder auch die Möglichkeit, Medikamente kühl zu lagern. So wird es möglich, gemeinsam tolle Momente zu erleben, ohne Barrieren oder Einschränkungen – zur selben Zeit, am selben Ort – gemäß des Leitspruchs von KulTh e.V.: Kultur. Teilhabe. Inklusion. (Foto: KulTh e.V.)

  1. Wir machen KRACH

Das Förderprogramm für Start-ups der Kultur-und Kreativwirtschaft stellt für bis zu drei Jahre mietfreie Gewerbeflächen genau dort zur Verfügung, wo sich gerade eine junge kreative Szene entwickelt. Außerdem erhalten die Preisträger ein Startbudget von 5000 Euro und eine fachkundige Beratung rund um die Unternehmensgründung. So konnten in bislang zwei Förderrunden 15 Räume an junge Designer, Softwareentwickler oder ein Zentrum für darstellende Kunst vergeben werden. KRACH ist von Bolognas Erfolgsprogramm „IncrediBOL!“ inspiriert und bedient seit 2018 die besonderen Bedürfnisse der Kultur- und Kreativwirtschaft in Chemnitz.

  1. Wir sind grenzenlos sportbegeister

Und fit für Titelrennen. Über 10.000 Teilnehmer zum Firmenlauf, das Heavy 24 als größtes 24h-Mountainbike-Rennen der neuen Bundesländer, der Stauseemarathon, der Fichtelberg-Ultra, die Chemlympics, das Slackfest, das Nachtskaten, Bring Da TruckaZ… Viel Spitzensport und gute Bedingungen für den leistungssportlichen Nachwuchs. In Chemnitz gehört Sport eben zur DNA und zur Stadtkultur.

  1. Wir sind leidenschaftliche Kämpfer

Der Erhalt des Viadukts als industriegeschichtliches Denkmal mit stadtbildprägender Wirkung ist ein besonderes Beispiel für die Kraft von bürgerschaftlichem Engagement. Aber es ist längst nicht das einzige. Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis, das Straßenbahnmuseum und das Museum für Sächsische Fahrzeuge, das Karl-Schmidt-Rottluff-Ensemble, die Küchwaldbühne, die Eisenbahnanlangen in Hilbersdorf – allein diese unvollständige Aufzählung spricht Bände über die Leidenschaft der Chemnitzerinnen und Chemnitzer für ihre Stadt.

  1. Wir haben eine ständig wachsende Open Air Galerie

Dank einer sparten- und generationenübergreifenden Kooperation von regionalen und internationalen Künstlern werden in Chemnitz immer mehr Fassaden bunt. Neben dem Wissenstransfer und künstlerischen Austausch der Akteure will das Projekt großflächig für das Miteinander der Stadtgesellschaft werben.

  1. Wir haben viel Platz

In Chemnitz gibt es noch genug Freiräume für Experimente, viel Platz für Ideen. Ein Potential, das wir in den kommenden Jahren intensiv nutzen möchten – am besten mit Kreativen aus aller Welt. Nicht umsonst heißt unsere Kulturstrategie bis 2030 „Kultur Raum geben“.

  1. Bei uns lässt sich die Ostmoderne entdecken

Mag schon sein, dass wir selbst immer mal mit unserem Stadtbild hadern: keine gemütlichen Gassen, keine Altstadt, kein Pomp. Keine Stadt wie so viele andere! Aber ist das nicht eigentlich auch ein Pfund? 30 Jahre nach dem Mauerfall wächst das Interesse an der DDR-Geschichte und der Wende spürbar, Architektur und Design der Epoche eingeschlossen. Ein Thema, bei dem wir nicht nur allerhand zu erzählen und aufzuarbeiten, sondern auch zu zeigen haben.

  1. Wir haben eines der ältesten Naturdenkmale

Chemnitz steht auf Vulkangestein. Ausgebrochen vor etwa 291 Millionen Jahren begrub ein Vulkan alles Leben – eine Katastrophe, die heute als Glücksfall gilt, denn die Asche konservierte die einstige Pflanzen- und Tierwelt. So konnte nicht nur unser Versteinerter Wald als eine der bedeutendsten Kieselholzsammlungen der Welt ausgegraben werden, sondern noch viele weitere wissenschaftliche Schätze wie ein mehrere Meter großer Schachtelhalm. Bis heute ermöglicht das von der EU geförderte Projekt „Fenster in die Erdgeschichte“, das vor allem auch Kinder bei der paläontologischen Grabung erforschend lernen können.

  1. Wir lieben Mikroprojekte

Im Sommer vor zwei Jahren ging’s los. Auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas 2025 wollten wir Lust machen, eigene kleine Projekte in das Stadtleben einzubringen – und haben ein Förderprogramm für Mikroprojekte aufgelegt. Mit großem Erfolg, denn viele Projekte wirken bis heute nach. So ermöglichte die Unterstützung der Macher mit bis zu 2500 Euro bisher verschiedene Workshops, Gestaltungen, Symposien, Vorstellungen, Werkstätten, neue Veranstaltungsformate, künstlerische Experimente, Diskussionsrunden, interkulturelle Begegnungen, Stadtteilprojekte, Fankultur, thematische Spaziergänge – eben diesen kleinen Schritt vom „Man müsste mal…“ zum „Lass es uns einfach machen…“ Insgesamt wurden in den zurückliegenden zwei Jahren knapp 200 Anträge eingereicht und 43 Projekte mit rund 73.000 Euro gefördert. Die Auswahl trifft eine Jury aus Chemnitzerinnen und Chemnitzern, die vom Programmrat der Bewerbung berufen wurde.

  1. Unsere Wirtschaft fördert Kultur

Unter dem Motto „Kultur braucht Wirtschaft – Wirtschaft braucht Kultur“ hat sich im Februar diesen Jahres der KLUB 2025, eine Initiative aus regionalen Unternehmen, Kammern und Kreditinstituten gegründet, um für eine erfolgreiche Bewerbung der Stadt Chemnitz zur Europäischen Kulturhauptstadt 2025 einzustehen und sich mit der Bereitstellung finanzieller Mittel am Ausbau des Kulturangebotes in der Kulturregion zu beteiligen.

  1. Wir leben unsere Industriekultur

2020 feiern wir „Boom. 500 Jahre Industriekultur in Sachsen“ – ein halbes Jahrtausend im Spannungsfeld zwischen Arbeit und Leben, Technik und Zeitgeist, wirtschaftlichem Erfolg und kulturellem Aufschwung. Die vielen erhaltenen technikhistorischen Orte unserer Region zeichnen ein lebendiges Bild des Industriezeitalters und begründen so auch die städtische Identität und die Prägung hiesigen Kunst- und Kulturschaffens. (Foto: Sven Gleisberg)

  1. Wir haben einen großartigen Freundeskreis

Der Verein „von und für Chemnitzerinnen und Chemnitzer, die die Bewerbung aus vollem Herzen begrüßen und mit allen Kräften unterstützen möchten“, begleitet den Prozess schon seit 2017 sehr konstruktiv und auch kritisch. Beim Picnic auf öffentlichen Plätzen und bei regelmäßigen Straßenbahnfahrten kommen die Mitglieder mit Kulturhauptstadt-Interessierten und -Skeptikern ins Gespräch und initiieren darüber hinaus den Jour Fixe Kultur an jedem ersten Montag im Monat, um verschiedene Aspekte des kulturellen Lebens in der Stadt zu beleuchten. Und als sei das nicht genug, haben sie die Fahrradkonzerte ins Leben gerufen und stiften immer mehr Menschen an, sich aktiv in die Bewerbung einzubringen. Wer also Lust hat: Der Verein trifft sich ein- bis zweimal im Monat an wechselnden Orten der Stadt. Mehr unter: www.freundeskreis-chemnitz-2025.de

  1. Wir haben ein Faible für Festivals

Während das Theater seine Festivals „Tanz | Moderne | Tanz“ und „Nonstop Europa“ pflegt, die „Begehungen“ und „Pochen“ die Kunst feiern, das Hutfestival das Zirzensische zelebriert, das RAW die Industriekultur hyped und das Internationale Filmfestival Schlingel den Kinder- und Jugendfilm ins Rampenlicht rückt, bauen Chemnitzer in ganz Deutschland Bühnen und ganze Festivalgelände auf oder organisieren und booken, damit das Kosmonaut, das Splash, das With full Force, das Wave Gothic Treffen und so manch anderes großes Event begeisternd über die Bühne geht. Was vergessen? Ganz bestimmt. Kommt vor im Festivaltaumel.

  1. Wir haben’s schön beim Schwimmen

Von Stadtbaudirektor Fred Otto entworfen und 1935 eröffnet, gehörte unser Stadtbad damals zu den größten und modernsten Hallenbädern Europas. Und auch heute zieht es Badegäste und Fotografen aus aller Welt an. Mal abgesehen davon, dass es auch schon als Kulisse für unser Ballett oder den Auftakt zu unserer Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2025 perfekt war. (Foto: Ulf Dahl)

  1. Unsere Bewerbung ist abgegeben

Der erste Meilenstein auf dem Weg zur Kulturhauptstadt ist geschafft: Unser Bewerbungsbuch ist fristgerecht in 20-facher Ausführung bei der Kulturstiftung der Länder als Organisatorin des nationalen Auswahlfahrens zur deutschen Kulturhauptstadt Europas 2025 eingereicht.

  1. Chemnitz ist nicht fertig

Die Kulturhauptstädte der letzten Jahre gehörten zuvor eher nicht zu den kulturellen Hotspots in Europa. Heute schon. Denn sie haben beim Nachdenken über ihre Zukunft auf Kultur gesetzt – und gewonnen: an Lebensqualität, an Identität, an Selbstbewusstsein, an Touristen… Auch Chemnitz hat sich dafür entschieden: Kultur soll die Agenda der Stadtentwicklung bestimmen. Denn mit einer Kultur des Dialogs, mit Experimentierfreude und Freiräumen für Kreativität, mit Offenheit für Neues und Ideen für ein städtisches Leben des vielfältigen Miteinanders können wir Chemnitz zu der Stadt machen, in der wir alt werden wollen und die in Europa für ganz andere Themen und Bilder steht als die vom letzten Jahr.

  1. Wir sind schnörkellos

Chemnitz ist Industriestadt. Das prägt – auch die Künstler und Gestalter. So etwa Marianne Brandt, die Formgeberin und Bauhauskünstlerin, die das moderne Design in Europa entscheidend mit geprägt hat und zu deren Ehren heute die Schau „Ich bin ganz von Glas“ im Industriemuseum eröffnet. Oder Formgestalter Clauss Dietel, der das ostdeutsche Design von der Lautsprecherbox in Kugelform über die Schreibmaschine „Erika“ bis hin zu Auto- und Moped-Entwürfen entscheidend mit prägte und dessen Sammlung nun, so hat der Kulturausschuss am Donnerstag einstimmig beschlossen, in den Besitz der Kunstsammlungen Chemnitz übergehen sollen.

  1. Wir atmen Bergluft

Nicht immer, aber immer wieder gern. Gerade jetzt, da wir von der Montanregion Erzgebirge/ Krušnohoř lernen können, wie man große Titel gewinnt und wir mit einigen Orten dieser Region an einer gemeinsame Kulturstrategie arbeiten, schauen wir doch einmal mehr als nur zu Weihnachten bei unseren Nachbarn vorbei. Auch wenn’s im Dezember nach wie vor am schönsten ist: Bergparaden, Weihnachtsmärkte, Schwibbögen, Räucherkerzchen… Abfahrtspisten, Kammloipen… Das Erzgebirge mit seinen einzigartigen Traditionen ist uns schon ganz schön nah – auch wenn uns dieses „Glück auf“ niemals über die Lippen kommt.

  1. Wir können AUFbrüche

Wenn Chemnitz etwas im Blut liegt, dann sind es AUFbrüche: zur führenden Industriestadt Deutschlands am Beginn des 20. Jahrhunderts, zum führenden Maschinenbauer in Mittelosteuropa während des Kalten Krieges und zum aufstrebenden mittelständischen Wirtschaftsstandort seit der Jahrtausendwende. Was immer in der Geschichte zu einschneidenden Umbrüchen führte – die Chemnitzerinnen und Chemnitzer haben mit Macher-Mentalität und Erfindergeist einen AUFbruch daraus gemacht. Nichtsdestotrotz haben die Brüche in der Stadtgeschichte auch Kerben geschlagen, die nachwirken. Drei unterschiedliche Innenstädte innerhalb von 70 Jahren, zwei Stadtnamen, verschiedene Gesellschaftssysteme – noch immer sucht Chemnitz nach Identität und Selbstverständnis. Auch auf diesem Weg wird die Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2025 einen entscheidenden Beitrag leisten. Sie wird von Chemnitz eine Geschichte erzählen, die den großen historischen Einschlägen in Europa konkrete Gesichter, Schicksale – Aufbrüche schenkt.

 

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