Auch das können unsere Mikroprojekte auf dem Weg zur Kulturhauptstadt: Rabbaz machen!

Julia Jesser und Svenja Jäger – zwei Studentinnen der TU Chemnitz wollen jungen, kreativen Menschen in Chemnitz eine Stimme geben. Aus diesem Grund, haben sie sich in einer, wie sie selbst sagen, „weindurchtränkten“ Nacht dazu entschlossen, ein Magazin von Studierenden für Studierende der TU Chemnitz ins Leben zu rufen. Im Oktober kam das Premierenexemplar des RABBAZ heraus. Und die beiden haben noch mehr vor, als nur ein Magazin herauszubringen. Wir haben uns mit der Studentin der Digitalen Medien- und Kommunikationskultur (Julia, 24 Jahre) und der Studentin der Medienkommunikation (Svenja, 22 Jahre) in Chemnitz zu einem Interview getroffen, um mehr über die beiden und ihr Magazin zu erfahren.

 Ein Uni-Magazin von Studierenden für Studierende ist eine Premiere für die TU Chemnitz. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?

Julia: Anfangs war es eine Art Schnapsidee über Nacht. Ich habe vorher an der Uni Bamberg studiert. Da gibt es ein etabliertes Magazin. Es löste teilweise uniinterne Diskussionen aus, weil es Missstände aufgedeckt hat. Ich hab gedacht, so etwas braucht diese Uni auch. Ich wollte mich sowieso in Chemnitz journalistisch orientieren und bei so etwas mitmachen. Dann hab ich gemerkt, dass es nur den Blog „TUschler“ gibt. Das wird aber von der Uni herausgegeben und ist nichts Unabhängiges. Ich hab dann Svenja von meiner Idee erzählt. Sie war sofort begeistert. Ich wusste, dass sie gern Artikel schreiben und veröffentlichen möchte. Außerdem kennt sie durch ihren Medienkommunikationsstudiengang viele Leute. So hat sich nach und nach eine kleine Gruppe gebildet.

Wie seid ihr auf den Namen RABBAZ gekommen?

Svenja: wir haben lange über einen Magazinnamen nachgedacht. Es ist fast so schwierig wie einem Kind einen Namen zu geben. Auf jeden Fall wollten wir etwas kurzes und prägnantes.
Julia: Es sollte aber auch lokalbezogen sein. Deshalb haben wir in einem Online-Lexikon für sächsische Begriffe nachgesehen und sind dort auf das Wort Rabbaz gestoßen, das mit „Unruhe, Lärm machen“ übersetzt wurde. Unsere Redaktion war sich gleich einig, dass dieses Wort perfekt zu unseren Zielen und zu dem, wie wir uns selbst charakterisieren, passt. Seit dem machen wir eben RABBAZ

Am 14. Oktober ist das erste Heft erschienen. Wie viel Zeit habt ihr dafür investiert?

Julia: Wir haben im Januar mit der Planung angefangen. Mit Sitzungen und dem Schreiben haben wir im April 2019 begonnen. Es hat also fast ein halbes Jahr gedauert. Nebenbei sind noch die komplette Organisation und die Strukturen entstanden. Wir haben uns beispielsweise als Verein eintragen lassen.

Wie war die Resonanz, als das Heft mit einer 1000ter Auflage erschienen ist?

Julia: Wir haben ein sehr positives Feedback bekommen. Viele haben gemeint, es sind natürlich ein paar Fehlerchen drin, aber das ist total normal fürs erste Mal. Wir sind auf jeden Fall sehr stolz darauf. Die Leute freuen sich, dass es so etwas jetzt an der Uni gibt.

Welches Ziel verfolgt ihr mit diesem Magazin?

Julia: Wir wollen gern das Sprachrohr für die Studierenden in Chemnitz sein bzw. für junge Leute. Wir wollen eine Plattform für Leute bieten, die sich kreativ ausleben wollen und die sich durch Schreiben, Illustrationen oder Fotografien ausdrücken.
Svenja: Wir haben jede Woche Redaktionssitzungen, in denen es die Möglichkeit gibt, Ideen anzusprechen, auszuwerten und zu schauen, wie man die umsetzen kann.

 Was sind die Themen, die euch beschäftigen und die im Heft aufgegriffen werden?
Svenja: Wir wollten u. a. zeigen, dass in Chemnitz nicht alles negativ ist. Aus diesem Grund haben wir ein Projekt vorgestellt, die sich für ein vielfältiges weltoffenes Chemnitz einsetzen. Dazu haben wir mehrere Protagonisten interviewt, z. B. Die Buntmacher*innen oder den Interkulturellen Garten „Bunte Erde“. Auch ein Interview mit Martin Neuhoff ist drin. Er interviewt selbst Leute, die sich für andere einsetzen. Weil es das erste Heft ist, beschäftigen wir uns allgemein mit dem Thema ‚Das ersten Mal‘: Wie ist es, wenn du zum ersten Mal nach Chemnitz kommst, zum ersten in einer WG lebst oder ins Wohnheim ziehst– auf die Studierenden bezogen.
Julia: In der nächsten Ausgabe geht es um das Thema Nachhaltigkeit. Wir wollen alle Artikel um das Thema Nachhaltigkeit stricken.

 Dank der Chemnitzer Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas 2025 konnten Julia Jesser und Svenja Jäger ihr Premierenmagazin komplett finanzieren. Die Chemnitzerinnen und Chemnitzer sind aufgerufen, sich mit kleinen kreativen Projekten, sogenannten Mikroprojekten, an der Bewerbung zur Kulturhauptstadt zu beteiligen und Chemnitz so zu unterstützen. Die Projekte umfassen verschiedene Themen, wie zum Beispiel die Gestaltung der Stadt, aber auch die kulturelle Bildung von Kindern und Jugendlichen. Eine Jury wählte aus verschiedenen Projekten ihre Favoriten aus, die dann finanziell unterstützt wurden.

Das erste Heft habt ihr im Rahmen eines Mikroprojektes finanziert. Wie wollt ihr das zweite finanzieren?

Svenja: Mit Werbepartnern. Wir sind gerade dabei, unsere Webseite fertig zu stellen, damit das Heft auch online hochgeladen werden kann. Wenn die fertig ist, werden wir Werbepartner suchen.

Wie viel Zeit investiert ihr pro Woche in das Magazin?

Julia: In unserer Redaktion ist es so, dass sich jeder frei entscheiden kann, wie viel Zeit und Energie er investieren möchte. Bei uns beiden sind es derzeit ungefähr zwei Tage, die pro Woche für das Magazin draufgehen.
Svenja: Wir machen aber auch viel Planung und haben viel Mailverkehr. In dieser Ausgabe haben wir die Chefredaktion mitgemacht. Geplant ist, diese rotieren zu lassen. Die Aufgabe möchten wir auch an andere abgeben.

Neben dem Magazin veranstaltet die RABBAZ-Gruppe die Partyreihe „KMS – State of Mind“. Die Besonderheit: Es werden am Eingang Früchtekarten des Spieleklassikers „Halli Galli“ verteilt. Wenn sich zwei Personen mit den gleichen Früchten auf ihrer Karte finden, dürfen sie zusammen einen kostenlosen Shot trinken. Aktionen wie diese sollen die Interaktion und das Kennenlernen unter den Partybesuchern fördern. Ähnliche Kennenlern-Aktionen sind in Planung. „Wir wollen in Zukunft auch Vorträge, Gesprächsrunden, Lesungen mit anschließenden Diskussionen und Workshops organisieren“, sagt Julia Jesser.

 Wie seid ihr auf diese Partyreihe gekommen?

Svenja: Wir haben uns überlegt, wie wir das Heft finanzieren. Da wir noch keine Förderung hatten, wollten wir mit einer Party anfangen, die in unser Konzept passt. Beziehungsweise haben wir uns ein Konzept dafür überlegt, bei dem es auch darum geht, Leute miteinander zu connecten.

 Wo fand die erste Party statt und wollt ihr das jetzt regelmäßig machen?

Svenja: Die erste Party war in der ZUKUNFT. Die zweite Party war die RABBAZ-Release Party, die war nochmal größer als die erste.

 Ihr kommt beide nicht aus Chemnitz. Die Identifikation mit eurer Uni und der Stadt ist sehr beeindruckend. Warum?

Julia: Ich bin seit August 2018 hier und komme aus der Nähe von Würzburg. Wenn man neu nach Chemnitz kommt, muss man sich etwas suchen, um sich hier einzuleben. Chemnitz ist nicht unbedingt eine Stadt, die dir das Leben auf dem Tablett serviert. Wenn man sich aber die Dinge sucht, die man gerne machen möchte, dann findet man sie auch. Weil wir eben gerne schreiben und kreativ sind, haben wir uns zu einer kleinen kreativen Community zusammengefunden.

Svenja: Ich komme aus Cottbus und bin seit 2017 hier. Wir engagieren uns auch noch anderweitig. Ich bin noch in der ZUKUNFT aktiv und Julia in der Theatergruppe „Turmbau62“. Ich finde es wichtig, wenn man in eine Stadt kommt, an dem Stadtleben aktiv mitzuwirken und etwas Gutes zu tun, dass die Stadt bunter wird. Das ist mein, das ist unser Anliegen.

Ist es schwierig Studierende vom Campus in die Stadt zu bringen?

Julia: Ich glaube, dass kommt sehr darauf an, wie man das promotet. Bei unserer Party haben wir sehr viel Wert darauf gelegt, dass alle Bescheid wissen und wir bekannt sind. Die Leute wissen, was bei uns los ist. Wir haben der Party unseren Namen gegeben: RABBAZ-Release-Party. Die Party hat stattgefunden, nachdem das Magazin released wurde. Die Leute haben schon begriffen, wozu die Party gehört.

Svenja: Man kann schon sagen, dass relativ viel los war und viele Studierende in die ZUKUNFT gekommen sind. Es war ein gut gemischtes Publikum.

 Was wollt Ihr mit dem Magazin in Zukunft erreichen?

Julia: Wir hoffen, dass sich das Heft weiter etabliert. Unsere Redaktion größer und die Qualität unsere Artikel besser wird. Dass wir uns alle weiterentwickeln. Vielleicht gelingt es auch uns, Missstände in der Uni aufzudecken und Sachen, die hier eventuell falsch laufen, zu ändern. Wir würden gern erreichen, dass wir das Sprachrohr der Studierenden sind.

Svenja: Wir wollen der Ansprechpartner für Journalismus für die jungen Leute hier sein. Unsere Kommilitonen sollen wissen, wenn sie etwas schreiben wollen, über die Themen, die sie betreffen, dann können sie das bei uns. Außerdem wäre es toll, wenn sich das Heft für die nächsten Semester hält, es auch andere übernehmen und wir nicht mehr komplett in der Verantwortung sind.

Abschlussfrage Kulturhauptstadt: Wird Chemnitz 2025 Kulturhauptstadt?

Julia: Ich glaube, das Kulturhauptstadtprojekt tut Chemnitz sehr gut. Dadurch gibt es sehr viele Projekte, die Leute wachen auf und machen Sachen für ihre Stadt. Deshalb finde ich es super, dass sich Chemnitz bewirbt. Ob Chemnitz es wirklich werden kann, ist eine andere Frage. Aber die Bestrebung, Geld in die Chemnitzer Kultur zu stecken, finde ich unglaublich wichtig und super.

Svenja: Ich finde es gut, dass die Stadt Förderung erhalten hat und damit Projekte ermöglicht werden. Dadurch wirkt die Stadt jünger. Wir wünschen uns natürlich, dass der Titel nach Chemnitz kommt.

Seit dem 14. Oktober 2019 liegt das RABBAZ Magazin in allen Cafés und Bars als auch in der Technischen Universität Chemnitz kostenfrei zur Mitnahme aus. Die Nächste Ausgabe ist für das Sommersemester 2020 geplant. Wer das Redaktionsteam unterstützen will, kann sich unter rabbaz.mag@gmail.com melden.

(Foto: Georg Ulrich Dostmann)

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